Speed Metal ade, Thrash Metal tschüss, es war schön mit euch! Megadeth waren in den vergangenen zehn Jahren eine konstante, verlässliche Grösse. Mit “Endgame” und vorallem “United Abominations” sind Dave Mustaine Thrash Perlen gelungen, die Megadeth im x-ten Frühling zeigten. Die Band demonstrierte Spielfreude und die Songs waren wuchtig sowie abwechslungsreich. Doch Mustaines Unberechenbarkeit ist altbekannt. Clean, nüchtern und bekehrt mag er zwar als Mensch selbst umgänglicher geworden sein, doch mittlerweile macht man ja 666 Kreuze, wenn sich Dave Mustaine ausschliesslich musikalisch zu Wort meldet – der Mann ist und bleibt auch mit 51 Jahren ein begnadeter Gitarrist – und nicht Verschwörungstheorien, Obama-Anfeindungen und Kreationisten-Geschwafel von sich gibt. Nachdem bereits das letzte Album “Th1rt3en” von der Band stilistisch als ziemlich divers charakterisiert wurde, geht “Super Collider” einen Schritt weiter, denn das 14. Studioalbum ist eine echte Überraschung.

Megadeth 2013

Megadeth wendet sich mit “Super Collider” von ihren Stärken, dem gekonnten Thrash/Speed Metal ab und fokussiert sich hauptsächlich auf die melodischeren Töne im Mid-Tempo. Es ist bekanntlich auch nicht das erste Mal, dass Megadeth sich abseits metallischer Pfade orientieren, die Alben, die Mitte bis Ende der Neunziger erschienen, waren ein Beleg dafür, dass Dave Mustaine mit seiner Band eben nicht immer nur das Gleiche machen will. Mustaine ist eben ein Unikat. Der Rotschopf hat es wirklich immer wieder drauf zu überraschen. Ob es sich nun um seine politischen Statements handelt oder einfach um die Musik: Stets zeigt er sich von einer wechselbaren Seite. Das Megadeth in der aktuellen, scheinbar stabilen Besetzung die “Rust In Peace”-Sachen perfekt spielen können, haben sie auf der Bühne mehrfach bewiesen, also kann man auf Platte etwas anderes ausprobieren. Das mag die Zielsetzung bei “Super Collider”, an dem übrigens alle vier Bandmitglieder mitgeschrieben haben, gewesen sein. Angesichts der spielerischen Fähigkeiten eines Chris Broderick könnte man allerdings annehmen, dass er mit den neuen Songs dezent unterfordert ist.

Der charakteristische Gesang von Mustaine, seine Fähigkeiten als Songschreiber sowie sein streitbarer Charakter – Menschen mit Ecken und Kanten sind schliesslich immer noch die interessanteren – haben dafür gesorgt, dass die Band seit Jahren sehr hoch in meiner Gunst steht. Auch wenn die Kritiken an “Super Collider” andernorts mitunter vernichtend ausfallen und die Leute die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, so gefällt mir im Gegensatz zu “Th1rt3en” “Super Collider” über weite Strecken recht gut. Wenn man nach einigen Durchläufen vier, fünf Songs permanent im Kopf hat und davon nicht genervt ist, kann man das als gutes Zeichen werten. “Super Collider” ist kein mittelmässiges oder gar schlechtes Album geworden, die Produktion ist saftig und Mustaine singt für seine Verhältnisse ganz gut, doch die Rückkehr in härtere Gefilde steht nach wie vor aus. Zumindest musikalisch kann man Mustaine anno 2013 kein Scheuklappendenken vorwerfen.

“Super Collider” startet mit einem coolen Basslauf in “Kingmaker”. Ein guter Opener, der mit einer mitreissenden Strophe aufwartet, allerdings ist die Nummer nicht viel mehr als ein typisches 08/15 Megadeth-Standardbauteil – Mustaine und Co. waren schon deutlich spannender. Weiter geht es mit dem Titeltrack – und das Album beginnt zu polarisieren. “Rockig” ist das richtige Wort, um den Titeltrack zu beschreiben, denn hier klingen die Kalifornier mehr nach den neuen Def Leppard als nach “Rust In Peace” und dürfte damit auch für verdutzte Minen sorgen. Die Nummer versprüht durchaus eine gewissen Coolness, eine reine Midtempo-Hardrocknummer mit einem ziemlich positiven Text über Menschen, die einander helfen und Spass miteinander haben. Ja Freunde, den Text hat Mustaine wirklich selber geschrieben. Der Song wirkt, wie ein Grossteil des Albums, “typisch amerikanisch”. Der Refrain brennt sich schnell ins Gedächtnis und nach dem anfänglichen Augenverdrehen fängt man an, den Song zumindest zu mögen. Spätestens ab “Burn!” ist dann klar, dass Megadeth den raueren Klängen vorerst entsagt haben. Hier gibt es am Anfang kurzes Gitarrengewichse, danach gehts in gehobenem Midtempo auf einen simplen “Burn, baby, burn”-Pre-Chrous zu, bevor Mustaine sich tatsächlich dazu herablässt, “fire” und “desire” zu reimen. Da darf man berechtigterweise die Augen verdrehen.

Derzeit hat Mustaine die vermutlich fähigsten Mitmusiker in der Geschichte seiner Band um sich gescharrt. So sind die häufigen Leadgitarren-Duelle zwischen dem Frontmann und Chris Broderick ein echter Pluspunkt von “Super Collider” und auch Dave’s Gesang überzeugt auf ganzer Linie, transportiert der Mann auf diesem Album doch so viel Emotion wie lange nicht mehr. Mit “Built For War” kommt ein aggressiverer Track mit markanten Rhythmus der aufzeigt, wie abwechslungsreich Mustaine stimmlich auf dem Album agiert. Die Zeile “Built for war, what do you think your fists are for?” setzt sich spätestens nach dem dritten Hören im Ohr fest. “Off The Edge” beschreibt den verrückten Zustand der Welt, ist aber musikalisch alles andere als verrückt. Der Song beginnt zwar mit einem vielversprechenden Gitarren-Intro, verliert sich aber dann in Belanglosigkeit. Wie schön, dass “Dance In The Rain” danach alle Register zieht. Sehr ruhig startend, wird Mustaine im Sprechgesang nicht nur von seiner Band, sondern auch von Streichern begleitet. Der Song hat eine melancholische Note, tolle Melodien und dreht sich darum, auch in schlechten Zeiten nicht aufzugeben. Das Tempo immer weiter verschärfend, überrascht der Schlusspart tatsächlich mit reinrassigem Megadeth-Thrash der 80er. Warum nicht mehr davon? Der Song ist mit Abstand der Höhepunkt des Albums. Am Anfang von “Beginning Of Sorrow”, einer modernen, passablen Rocknummer, darf Dave Junior ein bisschen mitzupfen, spannender ist aber “The Blackest Crow”, denn hier spielt man mit den Southern Rock-Einflüssen aus Mustaines Jugend. Die düsteren Südstaaten-Country-Elemente (Banjo und Geige) wird so mancher hassen, Mustaine hat damit aber einen Song geschaffen, der aus dem Rahmen fällt und trotzdem sehr gut funktioniert.

“Forget To Remember” ist dann wieder reiner Hardrock mit gefälligem Refrain. “Don’t Turn Your Back…” ist eine der härteren Nummern und schliesst damit den Kreis zum Opener, denn das abschliessende “Cold Sweat” bleibt ein passables, aber unspektakuläres Thin Lizzy-Cover. Das Album hat eine Spieldauer von knapp 45 Minuten und ist in unseren Breiten am 31. Mai erschienen. Die guten Songs sind richtig gut, die weniger guten zwar weit davon entfernt, Schrott zu sein, aber teilweise ein bisschen langweilig. Es fehlen die Rausschmeisser, mit denen es Megadeth seit “Killing Is My Business” geschafft hat, eine grosse Fangemeinschaft um sich zu scharren. Sicherlich veröffentlichte Mustaine schon schlechtere Ware, doch gibt es auf der anderen Seite zahlreiche Alben, die deutlich mehr zündeten. So erhoffe ich mir für den Nachfolger die Rückbesinnung zu alten, raueren und schnelleren Gangarten. Um “Super Collider” gut zu finden, muss man auch die weniger metallische Seite von Megadeth mögen. Es scheint als wolle es Dave seinen ehemaligen Metallica Kollegen gleich tun und etwas für die breitere Masse bieten. Und seien wir ehrlich, so eine gequirlte Scheisse wie “Lulu” ist “Super Colider” definitiv nicht! Fakt ist, dass man das Album nicht als metallisches Meisterwerk oder gar als Thrash Album an sich sehen kann und darf und tatsächlich wäre es schön, wenn auch die Band dieses Album als kurzen stilistischen Ausflug statt als Massstab für die Zukunft sehen würde.

“Super Collider” entpuppt sich als zweischneidiges Schwert: Zu Beginn etwas befremdlich, öffnen die Melodien und Gitarrenläufe mit der Zeit doch ihre Arme und es spriessen einige, tolle Momente hinaus. Vom Schlagwort “Super” – und das tut mir als Megadeth Freak wirklich im Herzen weh – ist man Galaxien entfernt. Sicherlich ist es nicht das schlechteste Album, denn das ist nach wie vor diese “Risk” Grütze, allerdings wage ich wirklich zu bezweifeln, dass das die grosse Riege der alteingesessenen Megadeth Fans mitmacht und dieses Album in die Annalen der Metalgeschichte hievt. Wie gesagt sind einige gute Momente auf dem Rundling drauf und auch der Versuch Südstaaten-Country-Elemente mit metallischem Sound zu versehen, wie bei “The Blackest Crow” sollte man vom musikalischen Standpunkt aus gesehen als guten Versuch sehen. “Super Collider” ist sicherlich kein Rohrkrepierer, aber auch noch lange kein Megaseller. Die Meckerer und ewigen Megadeth/Mustaine Hasser haben hier absolut was gefunden um ordentlich stänkern zu können. Bevor man hier zugreift muss man sich im klaren sein, dass man das Album an sich von einer nicht metallische Seite betrachten und anhören muss. Ist man auf Thrash aus, so wird man bitterlich enttäuscht. Haben Megadeth mit Alben wie “The System Has Failed”, “United Abominations” und “Endgame” gezeigt, wie gut der Spagat zwischen den musikalischen Wurzeln und dem Bedürfnis nach Neuem funktionieren kann, ist dies mit “Super Collider” misslungen. So ist im Falle von “Super Collider” ein Vergleich zwischen Megadeth und ihren einstigen Erzrivalen Metallica angebracht, verhält es sich mit dieser Platte und ihrem direkten Vorgänger doch so wie mit “Load” und “Re-Load”: Objektiv betrachtet ist das Album mit allerhand wirklich guten Songs angefüllt, allerdings dürften die wenigsten Fans darauf gewartet haben, dass die Truppe so klingt. “Super Collider” ist eine Überraschung, ob im positiven oder negativen Sinne liegt im Ohr des Hörers und ihr könnt euch im folgenden Stream vom ganzen Album selbst ein Bild machen.

Tracklist:

  1. Kingmaker
  2. Super Collider
  3. Burn!
  4. Built For War
  5. Off The Edge
  6. Dance In The Rain
  7. Beginning Of Sorrow
  8. The Blackest Crow
  9. Forget To Remember
  10. Don’t Turn Your Back…
  11. Cold Sweat

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